Ostern im Naturpark Fränkische Schweiz
Brauchtum | Geschichte
Der Naturpark Fränkische Schweiz - Die Wiege der Osterbrunnen
Bräuche am Osterbrunnen:
Wer von Nürnberg, Erlangen, Forchheim, Bamberg, Kulmbach, Bayreuth oder Pegnitz kommend den Naturpark Fränkische Schweiz erreicht, dem wird schnell bewusst, dass dieses Gebiet wohl zu den schönsten in Deutschland zählt.
Das Schmücken - oder fränkisch "Putzen" - eines Osterbrunnens kam in der Vergangenheit einer heiligen Handlung gleich. Schließlich galt es nicht wie heute, nur einen Blickfang im Ortsmittelpunkt zu schaffen. Vielmehr konnten nach dem überlieferten Aberglauben auch die Gesundheit, der Erfolg der Ernte oder gar das Überleben von Mensch und Tier davon abhängen, ob es gelang, sich die Quellgöttin gewogen zu machen. Man darf daher davon ausgehen, dass das Schmücken von Brunnen und Quellen in der ferneren Vergangenheit eine rituelle Handlung war, die nicht ein jeder ausüben durfte.
Im Jahr 1982 befragte man Schmückende in 206 Ortschaften im Naturpark Fränkische Schweiz zum Osterbrunnen - Brauchtum. Viele der älteren befragten erinnerten sich noch, dass beim "Brunnenputzen" bis vor wenigen Jahrzehnten noch eine klare Arbeitsteilung geherrscht hatte. Die Burschen übernahmen demnach das Reinigen der Quellen und Brunnen, das so genannte "Brunnenfegen", das dem eigentlichen Brunnenschmücken stets vorhergehen musste. Währenddessen versammelten sich die Mädchen im heiratsfähigen Alter und verzierten frisch geschlagene junge Bäumchen mit bunten Eiern und Papierbändern. Das Aufstellen der Schmuckbäumchen am Brunnen war dann ein feierlicher Akt, der nur von den Burschen vollzogen werden durfte.
Das "Brunnenputzen" im Naturpark Fränkische Schweiz hat uns Wilhelm Mergner im Jahr 1966 so beschrieben: "... Am Sonntag vor Ostern säubern die Dorfburschen die Brunnen von Schlamm, von hineingefallenem Laub und Unrat. Am gleichen Tag holen sie aus dem Wald die Bäumchen. Diese übergeben sie den im Mai ihres Lebens stehenden Mädchen ... "
Um Mitternacht zum Ostersonntag zogen dann - nach einer Beschreibung - die Burschen und Mädchen gemeinsam mit dem (den) geschmückten Bäumchen unter fröhlichem Jauchzen durch das Dorf. Ein mitgeführter Korb nahm dabei Geschenke der Ortsgemeinschaft, wie Ostereier und Ostergebäck, auf. Den Korbinhalt teilten sich die Osterbrunnen - Schmücker noch am Brunnen.
Ostersingen - eine selten gewordene Tradition:
Es hat eine lange Tradition, freudige Feste mit Gesang zu begehen, denn das Lied ist der Sprache als emotionale Ausdrucksform überlegen. Im Gesang kann die Freude nach außen dringen und teilt sich allen mit. Auch von vereinzelten Osterbrunnen im Naturpark Fränkische Schweiz ist uns überliefert, dass nach dem Anlegen des Brunnenschmucks das Osterfest am Brunnen eingesungen wurde.
Die letzte Gelegenheit, das Singen am Osterbrunnen in seiner ursprünglichen Form zu erleben, bietet der Ort Engelhardsberg. Hier zieht heute noch alljährlich in der Osternacht die Gruppe der Brunnenschmücker auf einem Rundweg zu jedem der drei Osterbrunnen und singt dort jeweils drei christliche Choräle. Am Brunnensingen darf aber nur teilnehmen, wer bereits konfirmiert ist. Lauscht man als Fremder mitten in der kühlen Osternacht den Klängen der alten Kirchenlieder am schemenhaft beleuchteten Osterbrunnen von Engelhardsberg, so fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt. An keinem anderen Osterbrunnen wird so deutlich, welche ungeheuere Bedeutung das Wasser hier auf der Hochfläche der Fränkischen Alp für das Überleben der Menschen hatte.
Eine andere Form des Ostersingens pflegte man bis zum Beginn der 60er Jahre am Marktbrunnen von Ebermannstadt. Hier erklang alljährlich am Ostersonntag nach dem Gottesdienst das Osterlied von Emanuel Geibel: "Wacht auf und rauscht durchs Tal ihr Brunnen", vorgetragen vom Musik- und Gesangverein Ebermannstadt.
An großen Osterbrunnen, wie in Heiligenstadt oder Bieberbach, hat man inzwischen die alte Tradition des Ostersingens wieder aufgegriffen. Hier treten an den Osterfeiertagen Chöre und Blaskapellen auf, die dazu beitragen, die Attraktivität der Osterbrunnen noch zu erhöhen. Das vorgetragene Liedgut hat jedoch keinen Bezug zum traditionellen Ostersingen.
Osterwasserholen:
Im Gegensatz zum Ostersingen, das uns nur aus sehr wenigen Ortschaften in Verbindung mit dem Osterbrunnen - Schmücken bekannt ist, war das Osterwasserholen in alter Zeit ein weit verbreiteter Brauch. Eduard Rühl berichtet 1953 sogar, dass der Brauch des Osterwasserholens fast überall im deutschen Sprachraum verbreitet war. Und tatsächlich, ob im Herzen vom Naturpark Fränkische Schweiz oder im angrenzenden Coburger, Bayreuther oder Nürnberger Land, überall berichteten schon ältere Personen, dass sie selbst noch Osterwasser geholt hätten.
Weiß man um die Wirkung, die dem Osterwasser oder "Osterbrunn" zugeschrieben wurde, so ist dies nicht verwunderlich. Vor Ausschlag sollte es bewahren, eine schöne fleckenlose Haut, ja Schönheit, sollte es verleihen und - im Stall versprengt - sogar das Vieh behüten. Eine reiche und gute Ernte ohne Hagel, ohne Feuerschaden, ein Jahr ohne Not versprach das Osterwasser, wenn man es richtig anwendete. Eine Medizin, die gut ist, muss aber auch bitter sein, und so galt es, einige Spielregeln einzuhalten, damit die magischen Kräfte des "Osterbrunns" nicht gleich beim Schöpfen verflogen: Unberührte junge Mädchen mussten das Wasser zum Mitternachtsläuten schöpfen und es in absolutem Schweigen nach Hause bringen. Wer sich bei Rangeleien an Brunnen oder Quelle zu einer Lautäußerung verleiten, oder gar von albernen Jungen zum Kichern oder Kreischen verführen ließ, der brachte nach dem Volksglauben nur noch wertloses "Plapperwasser" nach Hause.
Das Mitternachtsläuten war kurz und so hatte jedes Mädchen wohl nur eine Chance, "echten Osterbrunn" zu schöpfen. Wie viele Krüge mit wirkungslosem "Osterbrunn" mögen da im Laufe von Jahrzehnten auf Menschen, Vieh und Güter versprengt worden sein? Das erklärt uns jedoch vielleicht die Tatsache , dass in einer Zeit, in der man magische Kräfte aus Osterbrunnen schöpfen konnte, nicht in allen Häusern Schönheit, Gesundheit und Glück wohnten.
Obwohl das Osterwasser - sollte es seine wundersame Wirkung tun - in der Nacht vom Karsamstag auf den Ostersonntag zu schöpfen war, lässt sich daraus nicht ableiten, dass es sich um ein christliches Brauchtum gehandelt hat. Vielmehr sind die Inhalte des alten Volksglaubens eher von weltlicher oder heidnischer Prägung. Umso erstaunlicher ist es, dass der Brauch noch in den 50er und zum Teil in den 60er Jahren aktive Anhänger im Raum vom Naturpark Fränkische Schweiz hatte.
[ Der Titel ist erschienen in der HEINRICHS-VERLAG GMBH, Bayerische Verlagsanstalt Bamberg | Text von Claudia Schillinger ]